FEUERWEHR ANDERSWO

Im Juni 1999 hatte ich die Möglichkeit, meine Tante in Canada zu besuchen. Diese hat es auch ermöglicht, die Feuerwehr von Brantford zu besichtigen. Craig Fowler nahm sich der Sache an. Aus den Besichtigungen und einigen Gesprächen hat sich der nachstehende Bericht ergeben, der unter anderem auch deutliche Unterschiede zum Feuerwehrwesen in unseren Breiten aufzeigt. 


FEUERWEHR BRANTFORD
CANADA


Uniformprobe
Webmaster Kolli probiert eine canadische Uniform


In Österreich wird das Feuerwehrwesen vorwiegend von den Freiwilligen Feuerwehren aufrecht erhalten, so auch in vielen größeren Städten. Meine Reise nach Canada im Juni 1999 zeigte, dass es auch dort zahlreiche Freiwillige Feuerwehren gibt - in den Städten dominieren aber meist die Berufsfeuerwehren. Bei den Freiwilligen Feuerwehren gibt es jedoch markante Unterschiede zu unserem System.  Der nachfolgende Report soll einen kleinen Einblick das Feuerwehrwesen anderswo geben und die Bedeutung des oberösterreichischen und österreichischen Freiwilligen Feuerwehrwesens wieder stärker ins Rampenlicht rücken.



DREI FIRE-DEPARTMENTS

Zum Schutz der Bevölkerung sind im gesamten Stadtgebiet drei "Fire-Departments" verteilt; eine Haupt- und zwei kleinere Nebenwachen. Letztere sind mit jeweils zwei Fahrzeugen bestückt. In der Hauptwache stehen fünf Fahrzeuge für den Einsatzfall bereit. Die derzeit noch in Betrieb stehende Hauptfeuerwache wurde 1953 auf einer ehemaligen Mülldeponie erbaut. Wie sich später herausstellen sollte, eine in Folge teure Entscheidung: Der Boden in der Fahrzeughalle musste bereits zweimal erneuert werden, da dieser durch die zunehmende Verdichtung der Ablagerungen immer wieder nachgab. Beim Besuch im Juni 1999 hingen einige an der Wand montierte Kästen abermals in der Luft. Fährt ein schweres Fahrzeug in die Halle, kann man die Bewegung des Bodens beobachten, wie man es beispielsweise in einer Wiese verfolgen kann. Auch die für die Mannschaft zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten sind bereits in die Jahre gekommen, so dass der Bau einer neuen Hauptwache bereits in Angriff genommen wurde. Die Eröffnung ist für das Jahr 2000 vorgesehen.
12 (aufgrund Zeitausgleichs etc. meist nur acht) Mann versehen heute auf der Hauptwache ihren hauptberuflichen Dienst. Hinzu kommen noch einige Bedienstete in der Nachrichtenzentrale sowie im Verwaltungsbetrieb. Da der Vorbeugende Brandschutz sehr groß geschrieben wird, ist in diesem Bereich ein erhöhter Personalaufwand erforderlich. Der Schichtbetrieb der Einsatzmannschaft ist so eingeteilt, daß nach vier Tagdiensten (10 Std.) vier freie Tage, dann vier Nachtschichten (14 Stunden) und wieder vier freie Tage folgen.



FUHRPARK & PERSONAL FÜR 82.000 EINWOHNER

Für das Stadtgebiet stehen insgesamt neun Fahrzeuge sowie pro Schicht 20 Mann zur Verfügung. Personal und Gerät teilen sich wie folgt auf:

Station 1: 2 Rescue-Pumpers, 1 Mini-Pumper, 1 Drehleiter, 1 Kommandofahrzeug, 1 Pickup, 2 Boote, 11 Mann stehen pro Schicht für den Einsatzdienst zur Verfügung

Station 2: 2 Pumpers – Pro Schicht 4 Mann

Station 3: 1 Gelenkbühne, 1 Pumper 5 Mann pro Schicht

Während jeder Schicht steht jeweils ein Dispatcher zur Verfügung, der in der Einsatzzentrale aktiv ist. Insgesamt sind bei der Feuerwehr in Brantford 84 Firefighters angestellt.

 

AUSRÜCKUNG ZU EINEM EINSATZ

Zum technischen Einsatz rückt lediglich ein (Resuce)-Pumper aus, zum Brandeinsatz 1 Rescue-Pumper sowie das Kommandofahrzeug der Hauptfeuerwache. Je nach dem, wo der Einsatzort liegt, rückt des weiteren die Besatzung der Station 2 oder 3 aus. Da die Drehleiter der Hauptwache aufgrund der personellen Unterbesetzung oftmals nicht ausrücken kann, wird die Gelenkbühne der Station 3 angefordert, wo pro Schicht ein Mann für dieses Fahrzeug verantwortlich ist. Bei Großbränden oder Großereignissen werden zu den drei Wachen alle dienstfreien Beamten beigezogen, so dass in Folge rund 70 Mann zur Verfügung stehen. An die zusätzliche Alarmierung von Freiwilligen Feuerwehren aus der Umgebung konnte sich Craig Fowler nicht erinnern. Craig Fowler ist in der Station 3 angestellt und führte die Besichtigungstour der Hauptfeuerwache sowie der Station 3 durch.


DER "RESCUE PUMPER"

Rescue Pumper

Wohl zu den wichtigsten Fahrzeugen zählen die sogenannten "Rescue Pumper", die in ihrer Ausrüstung etwa einem Rüstlöschfahrzeug entsprechen: Hochleistungslüfter, Stromgenerator, ein schweres sowie ein "normales" hydraulisches Rettungsgerät, 12 Atemluft-Reserveflaschen, Schanzwerkzeug, Feuerlöscher, Schläuche, Einbaupumpe (Förderleistung bis zu 5.000 Liter pro Minute) usw. Eine Seilwinde gehört jedoch nicht zur Ausstattung. Die Bedienelemente für die wasserführenden Armaturen befinden sich alle außenliegend, links hinter der Mannschaftskabine. Auf der rechten Seite befinden sich zwei Ab- und zwei Zugänge, auf die der Maschinist aber keine direkte Einsicht hat! Das Fassungsvermögen des Wassertanks beträgt 4.000 Liter, zusätzlich verfügt die Stadt über ein sehr gutes Hydrantennetz. Der "Rescue Pumper" weist eine Besatzung von nur 1:4 auf, dies entspricht gleichzeitig der Minimalbesatzung, die zu einem Einsatz ausrückt. Im Gebäude halten sich die Feuerwehrmänner in ihrer blauen Dienstkleidung auf. Im Einsatzfahrzeug steht die Einsatzbekleidung zum sofortigen Anziehen bereit: Die Latzhose über die Einsatzstiefel gestülpt, Einsatzjacke, Handschuhe und Helm liegen auf den Sitzen in der Mannschaftskabine. Die drei hinten sitzenden Männer können sich – wie bei den neueren österreichischen Fahrzeuggenerationen – während der Fahrt mit schwerem Atemschutz ausrüsten. Gleiches gilt für den vorne rechts sitzenden Beifahrer. Der "normale" Pumper ist hauptsächlich auf den Brandeinsatz spezialisiert und entspricht ungefähr einem Norm-Tanklöschfahrzeug. Während die Stadt bis vor nicht allzu langer Zeit über nur einen "Rescue-Pumper" verfügte, mussten noch einige Randgemeinden einsatzmäßig mitbetreut werden. Nun, wo ein zweites derartiges Rettungsfahrzeug angeschafft wurde, wurden zwischenzeitlich auch umliegende Feuerwehren besser ausgestattet, so dass sich das Haupteinsatzgebiet in der Gegenwart vorwiegend auf das Stadtgebiet beschränkt.

 

DER "MINI PUMPER"

Mini Pumper

Der Mini-Pumper entspricht der Kleinausführung des Pumpers und wird bei Pkw-Bränden und Bränden, die mit den großen Trucks nicht erreicht werden können, eingesetzt.

 

DREHLEITER UND GELENKBÜHNE MIT PUMPEN

Drehleiter

Die Drehleiter stellt mit einer Steighöhe von 30 Metern ein sehr massives 3-Achs-Fahrzeug dar. Dies beruht unter anderem auch auf der Tatsache, dass dieses Rettungsgerät ebenfalls mit einer Einbaupumpe ausgestattet ist. Die Förderleistung beträgt bis zu 5.000 Liter Wasser pro Minute, ein Wert, der in Canada Standard ist. Ein Rettungskorb ist nicht vorhanden, dieser ist nur auf der in der Station 3 stehenden Gelenkbühne montiert. Die Gelenkbühne, Snorkel genannt, führt – im Gegensatz zu unseren Breiten – ebenfalls Löschwasser mit, rund 1.800 Liter! Der Rettungskorb ist für drei Personen ausgelegt. Die Steighöhe ist mit 21 Metern begrenzt.

 

COMMAND SQUAD

Command Squad

Dieses Fahrzeug, auf der Hauptwache stationiert, dient als Kommandofahrzeug bzw. Einsatzleitfahrzeug. Wie in unseren Breiten besteht die Ausstattung in Alarmplänen, Karten usw. Der "Platoon-Chief" gelangt mit diesem Einsatzfahrzeug an die Einsatzleitstelle und übernimmt dort die Führung des Einsatzes.

 

MEDIZINISCHE NOTVERSORGUNG

Als eine der letzten Berufsfeuerwehren im County Ontario erhielten die drei Feuerwachen im Sommer 1999 je einen Defibrilator (Reanimation). Obwohl die Feuerwehr grundsätzlich keine medizinischen Aufgaben übernimmt, wurde dieser Ankauf getätigt. Alle Beamten werden im Umgang mit diesem Gerät eingeschult. Der Zweck der Anschaffung liegt aber lediglich darin, im Falle der Nichtverfügbarkeit eines Rettungswagens wegen Überlastung trotzdem die lebensrettenden Erstmaßnahmen setzen zu können. Wie bisher wird aber der Rettungsdienst im Brandfalle automatisch verständigt.

 

DIREKTOR SAMMELTE FÜR WÄRMEBILDKAMERAS

Eine bemerkenswerte Aktion lieferte der Direktor einer Schule: Da er von der Notwendigkeit einer Wärmbildkamera sehr überzeugt war und die Stadt die Anschaffung des 35.000 Dollar teuren Gerätes nicht übernahm, sammelte er Geld für eine dieser Kameras. Das Ergebnis seiner Sammlung war übertraf alle Erwartungen: Es kam so viel Geld zusammen, dass nicht nur eine, sondern drei dieser Geräte angekauft werden konnten. Somit sind nun alle drei Feuerwachen der Stadt mit einer Wärmebildkamera ausgerüstet. Die Suche von vermissten Personen in verqualmten Räumen etc. wurde somit wesentlich erleichtert. Noch Minuten nachdem man seine Handfläche von der Wand nahm, konnte die zurückbleibende Erwärmung beobachtet werden. Auch die Hitzeentwicklung, die beim normalen Betreten eines Teppichbodens entsteht, war eindeutig nachweisbar!

 

SPARMASZNAHMEN REDUZIEREN LEBENSDAUER

Grundsätzlich ist die Einsatzdauer eines Fahrzeuges für einen Zeitraum von 20 Jahren vorgesehen. Gute Qualität ist aber auch in Canada teurer. So liegt der Anschaffungspreis der hochwertigen Fahrzeuge rund 50.000 kanadische Dollar (rund ATS 460.000,-) über den herkömmlichen Modellen. So ist es keine Seltenheit, dass die Einsatzfahrzeuge bereits nach 10 bis 15 Jahren ausgetauscht werden müssen! Mit dem Baujahr 1977 ist der Mini-Pumper das älteste im Fuhrpark der Feuerwehr. Die Drehleiter wurde 1985 in den Dienst gestellt, die Gelenkbühne 1992. Aufgrund eines versuchten Rettungseinsatzes mit Todesfolge für den Helfer im County Ontario erhielt die Feuerwehr zusätzliches Geld und konnte dafür ihre Wasserausrüstung wieder erneuern (Boote, Wassereinsatzanzüge etc).

 

CO- MELDER IN PRIVATHAUSHALTEN

In der Einsatzstatistik des Jahres 1998 findet man „143 calls to CO-Detectors". „Noch vor einigen Jahren waren in diesem Bereich so gut wie keine Ausfahrten notwendig", erzählt Craig Fowler, „aber immer mehr Privathaushalte rüsten sich im Heizungsbereich mit diesen Kohlenmonoxidmeldern aus und im Falle eines Alarms wird sofort die Feuerwehr gerufen. In den meisten Fällen können wir nach den vorgenommenen Messungen, die keine gefährliche oder keine Konzentration an CO ergeben, wieder einrücken. In der Statistik bemerkt man aber einen kontinuierlichen Anstieg dieser Einsätze."

 

EINSATZLEISTUNG DER FEUERWEHR BRANTFORD

1998 tätigten die drei Feuerwachen insgesamt 2.414 Einsätze, darin eingeschlossen sind auch rund 800 Leistungen der Abteilung des vorbeugenden Brandschutzes. Die restlichen Einsätze entsprechen den Anlässen, wie sie auch bei uns üblich sind, über Brände, Personenrettungen, Öl- und Gasaustritten und vieles mehr. Auffällig hoch ist die Anzahl der Fahrzeugbrände, welche sich mit 66 Einsätzen auswirken. Auch der Vandalismus hinterlässt bei den Brandeinsätzen seine Spuren: 56 Alarmierungen!

 

BEZAHLTE FREIWILLIGE

Am Lande dominieren auch in Canada die Freiwilligen Feuerwehren, obwohl hier der Begriff "Freiwillig" nur teilweise zutrifft. In vielen Fällen ist es so, dass der Kommandant bzw. der Stellvertreter bei der Gemeinde angestellt sind und für den Feuerwehrdienst bezahlt werden. Alle übrigen Einsatzkräfte sind bezahlte Freiwillige. Was heißt das in der Praxis? Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr halten sich an beliebigen Orten auf, so wie es in unseren Breiten üblich ist. Im Falle eines Einsatzes eilen sie ebenso ins Feuerwehrhaus und rücken mit ihren Fahrzeugen (in der Regel sind es ein bis zwei) zum Einsatzort aus. Nach getaner Arbeit werden die Fahrzeuge aufgepackt, für den nächsten Einsatz aufgerüstet und in das Fire-Department gestellt. An dieser Stelle folgt der markante Unterschied: Für den geleisteten Einsatz wird jeder Mann bezahlt und zwar in Zwei-Stunden-Pauschalen. Ein Einsatz über wenige Minuten (z.B. Fehlalarm) bis 2 Stunden Dauer wird gleich hoch bezahlt, bis zu 20 kanadischen Dollar (rund ATS 150,- bis 180,-). Während in den Städten fast die Finanzierung fast ausschließlich durch die Stadtgemeinde erfolgt, tragen im ländlichen Gemeinden sehr häufig verschiedene Vereine und Clubs zur Anschaffung von Geräten und Fahrzeugen bei, in dem sie finanzielle Mittel zur Verfügung stellen.
Wie Eingangs erwähnt, dominieren in den Städten die Berufsfeuerwehren und am Lande die bezahlten Freiwilligen. Die Stadt Woodstock, sie zählt rund 30.000 Einwohner, hat bereits eine hauptberufliche Wehr. Eine Tatsache, die in Österreich alleine aus finanziellen Gründen nicht denkbar wäre. Andererseits wäre es nicht das erste, was aus Amerika nach Europa kommt. Bleibt nur zu hoffen, dass die Freiwilligkeit bei den Feuerwehren auch in Zukunft ungebrochen wie heute bleibt! Auch wer in der Bezahlung einen Vorteil sieht, muss sich mit dem Gedanken spielen, dass eine derartige Umstellung neben Vorteilen auch Nachteile mit sich zieht. Und darauf sollten wir es doch nicht ankommen lassen...

 

INTERNET-INFOS

Nähere Informationen über die Stadt Brantford oder über die Feuerwehr findet man in englischer Sprache im Internet unter der Adresse http://www.city.brantford.on.ca